Wir alle werden jeden Tag von einer Vielzahl an Werbebotschaften überflutet – wobei wir viele davon gar nicht wahrnehmen. Sei es beim Lesen der Zeitung, beim Scrollen durch den Instagram-Feed, beim Spazieren durch die Stadt; überall lauern die mehr oder minder intelligenten Ergüsse einer Marketingabteilung und hoffen darauf, sich in unseren Köpfen einnisten zu können.
Im modernen Marketing unterscheidet man zwischen zwei methodischen Ansätzen zur Kommunikation: dem Push- und Pull-Marketing.
Ein Grossteil der Werbeanzeigen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden, fallen in die Kategorie der Push-Werbung. Es sind klare Botschaften, die über einen Distributionskanal an uns, die potentiellen Konsument:innen, gelangen: Ein Plakat «Probier jetzt den neuen McChicken» oder ein TV-Spot «schau dir diesen tollen Porsche Taycan an».
Das Pull-Marketing hingegen funktioniert diametral anders. Ziel ist es, interessierte Konsument:innen mit Inhalten abzuholen und somit eine Bindung zur Marke aufzubauen. Diese Inhalte haben daher in erster Linie keine offensichtlich werberischen Eigenschaften.
Die Messlatte des Möglichen ist auch in der Schweiz bereits sehr hoch. So hat der Grossverteiler Coop vor einigen Jahren einen eigenen Food-Blog namens FOOBY ins Leben gerufen - eine Koch-Plattform mit Rezepten und relevanten Stories. Auch der Tech-Onlineshop digitec betreibt sehr erfolgreiches Pull-Marketing mit ihrem Blog, welcher den User:innen mit zahlreichen Tutorials, Produktetests und Artikeln einen Mehrwert bietet.
Was ist denn nun besser? Push- oder Pull-Marketing?
Wollte man eine zynische These in den Raum stellen, so könnte man behaupten, dass das angenehme, auf den Kundenvorteil ausgerichtete Pull-Marketing die logische Antwort auf das banale, immer mehr zunehmende, konfrontative Push-Marketing ist. Es stimmt zwar, dass die Anzahl der Werbebotschaften, die uns täglich zu erreichen versuchen, in den vergangenen Jahren drastisch zunahm, dennoch ist gutes Push-Marketing auch heute noch sehr effektiv.
Ein grosser Unterschied der beiden Methoden und ihrer Wirksamkeit liegt auch in ihrer zeitlichen Ausrichtung. Während Push-Werbung oftmals auch mit einem sogenannten Call-to-Action (Kaufaufruf) arbeitet und auf eine möglichst unmittelbare Konsumreaktion abzielt, will das Pull-Marketing eine langfristige Kundenbindung, die auf Vertrauen und Wertschätzung basiert, aufbauen.
Auf die Frage, welche der beiden Methoden «besser» ist, kann keine abschliessende Antwort gegeben werden. Ich persönlich schätze gute Pull-Massnahmen sehr und bin der Meinung, dass jedes Unternehmen, das über die nächsten fünf Jahre bestehen und währenddessen dieselbe(n) Zielgruppe(n) ansprechen will, die Investition in stetiges Pull-Marketing in Erwägung ziehen sollte. Zugleich bin ich ein grosser Verfechter traditionellen Push-Marketings und davon überzeugt, dass jede Marke unglaubliches Potential vergibt, wenn sie es nicht wagt, aktiv an ihre Kundschaft heranzutreten. Nur sollten auch solche Werbetreibende mit der Zeit gehen und darauf Acht geben, dass ihre Botschaften auf die Konsument:in zugeschnitten sind und diesen entweder unterhalten oder unterstützen – nicht belästigen.
Weder das Pull- noch das Push-Marketing wird in den kommenden Jahren zur alleinig angewandten Methode avancieren. Und das ist auch gut so. Ich bin der Meinung, dass eine moderne Marke nur unter Berücksichtigung beider Methoden langfristig am Markt überzeugen kann. Das Wichtigste dabei bleibt allerdings: im Zentrum müssen nach wie vor kreative Botschaften, emotionale Werte und authentische Stories stehen – ganz egal, ob sie via Push- oder Pull-Marketing an den Konsument:in gelangen.